Schmerzbilder nach Alphabet

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

Kreuzschmerz mit Ausstrahlung ins Bein

Synonym von

Siehe vorerst Kapitel
Lumbalgie

Definition:

Schmerzen, die von der Lumbalregion in die Beine ausstrahlen und zwar
a) als radikuläre Schmerzausstrahlung oder
b) nicht radikuläre Schmerzausstrahlung (sog. reffered pain oder pseudoradikulärer Muskelschmerz)

Dem radikulären Schmerz liegt zumeist ein Raumkonflikt zwischen Bandscheibe und Nervenwurzel zugrunde, wobei gleichzeitig ablaufende Entzündungs- und immunologische Prozesse bekannt sind. Selten ist eine reine Radikulitis verschiedenster Genese Schmerzursache (z.B. Borreliose).

Nicht radikuläre Schmerzausstrahlungen in die untere Extremität beruhen z.B. auf Störungen des Kreuzdammbeingelenks, der Bänder oder der kleinen Wirbelgelenke mit reflektorischer Verspannung der längs angeordneten Muskulatur. Kombinationen von a und b sind nicht selten, z.B. Wirbeldrehgleiten mit Wurzelläsion.

Klinisches Bild:

Schmerzen im Bereich der Kreuzregion und eines oder beider Beine.
Eine durchgehende Schmerzbahn ist ein Hinweis auf eine Nervenwurzelirritation; eine reine Ischialgie ohne Schmerzangabe in der Lumbalregion kann dennoch Ursache im Bereich der LWS haben.

Jeder Lumboischialgie kann neben dem Bandscheibengeschehen auch eine andere spezifische Schmerzursache mit Raumforderung zugrunde liegen (Tumoren, Entzündungen, Verletzungen, Synovialcysten, Wirbelgleiten etc.)

Bei beidseitiger Lumboischialgie ist unter anderem die Caudaläsion auszuschließen (medianes Bandscheibengeschehen mit Raumkonflikt für die harnblasen- und mastdarmversorgenden Nervenfasern und damit entsprechenden Harn- und Stuhlstörungen)

– Häufig sind der Lumboischialgie mit radikulärer Läsion rezidivierende Kreuzschmerzattacken vorangegangen.
– Auslösend können Überlastungen, Hebetraumen, evtl. kombiniert mit Kälteexposition, Klimawechsel, aber auch Bagatelltraumen (Fehlbewegungen) etc. sein
– Schmerzzunahme beim Niesen und Bauchpressen
– meist aber nicht immer Erleichterung beim Liegen in bestimmten schmerzerleichternden Positionen (bei der therapeutischen Lagerung genutzt).
Neben der Anamnese umfasst die Diagnose die klinische Untersuchung (siehe Klinische Untersuchung der Lumbalgie), zusätzlich Untersuchung der Muskelkraft, der Reflexe und der Sensibilität (= Test auf neurologische Defizite).

Klinische Untersuchung:

a) der radikulären Läsion:
Bei Angabe von relativ genau abgrenzbaren

1. Schmerzen entlang eines Dermatoms. Am häufigsten sind betroffen: L5 (lateraler Ober- und Unterschenkel bis zur Großzehe reichend) und S1 (dorsaler Ober- und Unterschenkel bis zur Kleinzehe reichend), seltener L3 (ventraler Oberschenkel über das Knie reichend) und L4 (ventraler lateraler Oberschenkel über das Schienbein reichend).

In Schmerzbereich können auch
2. Sensibilitätsstörungen bestehen, insbesondere in Form von Hypalgesie (Nadelprüfung!), weiters

3. Straight leg raising test unter 65° bei Irritationen der Wurzel L4, L5 und S1 und Femoralis Lasegue bei L3 (L4)

4. Schwäche der Nervenwurzeln entsprechenden Kennmuskulatur: Quadrizeps für L3 und L4, Muskulus tibialis anterior für L4, und der Großzehenhebermuskel und Musculus Peroneus für L5, sowie Musculus trizeps surae (und Großzehenheber) für S1

5. Fehl- oder Abschwächung der Reflexe: Patellarsehenreflex (PSR) bei L3 und L4 - Wurzelläsionen und Achillessehnenreflex (ASR) bei S1 Läsionen

6. Bei Verdacht auf Caudaläsion sind Sensibilitätsstörungen im sogenannten Reithosenbereich (Urogenitalregion und medial - craniale Oberschenkel) und evtl. ein beidseits fehlender Achillessehnenreflex zu prüfen.

b) nicht radikuläre Schmerzausstrahlungen:

Funktionsstörungen oder Irritationen der Struktur, von welcher die Schmerzausstrahlung ihren Ausgang nimmt, muskulärer Hypertonus, Musculus piriformis, Gluteal- und Beinmuskulatur, Provozierbarkeit von Maximal – und Triggerpunkten von Muskulatur, Faszien und Druckschmerzhaftigkeit der Bänder und ihrer Ansätze.
Bildgebende Verfahren: MRT und/oder CT zur Bestätigung der Klinik und Diagnostik des betroffenen LWS – Segmentes und seltenerer raumfordernder Strukturen, wie Exophyten bei Spondylarthrose -> spinale Stenose, Beteiligung des ligamentum flavum,
Synovialzysten, Tumoren etc.

CT: Überwiegend zur Diagnostik des Knochens und
MRT: überwiegend zur Weichteildiagnostik

Elektrodiagnostik: EMG und NLG
Hilfreich ab etwa 2 bis 3 Wochen nach Beginn der Nervenirritationssymptomatik zur Differenzierung von Nerv- und Muskelproblematik, Höhenlokalisation der Irritation von Nervengewebe (Nervenleitgeschwindigkeit), also zentraler Schaden der Nervenwurzel oder Schädigung des peripheren Nerven und als Hinweise auf den Verlauf und damit der Prognose.

Siehe vorerst Therapie der Lumbalgie
Prinzipiell möglichst ursachenbezogen und jedenfalls stadiengerecht (akut – chronisch).

Medikamentöse Therapie:
Medikation gemäß WHO – Schema (NSAR, Analgetika, einschließlich schwach und stark wirksamen Opioiden) nach den Regeln der Schmerztherapie.

D.h. ausreichende Dosierung des geeigneten Mittels oder deren Kombination zur Erreichung eines Serumspiegels, der zur Schmerzbeherrschung führt. Bei Therapieresistenz innerhalb von 2 – 3 Wochen und Gefahr der Chronifizierung Zusammenarbeit mit einem Schmerzspezialisten.

Beachtung und prophylaktische Behandlung der bekannten Nebenwirkung der Medikamente (insbesondere Magen - Darm Trakt bei NSAR, aber auch Leber, Niere, sowie Übelkeit, Sedierung und Obstipation bei Opioiden).

Kombination der Schmerzmedikation mit Muskelrelaxantien und schmerzmodulierenden Substanzen (Antidepressiva und Antikonvulsiva); Glukocorticoide.

Auch bei der Lumboischialgie mit radikulärer Läsion ist die Dauer der Bettruhe möglichst kurz zu halten (bis max. 3 - 5 Tage mit antalgischer Schonlagerung) und es sind gewohnte Aktivitäten möglichst beizubehalten.

Infiltrationstherapie oder therapeutische Lokalanästhesie (TLA) mit und ohne Zusatz von Glukocorticoiden oder Glucose (Proliferationstherapie), ist EBM begrenzt erwiesen. Grenzstrangblockaden beim postischalgischen Sympaticus – Reflexsyndrom.

Röntgen bzw. CT - Assistenz erhöhen die Erfolgsquote.

Zum Einsatz kommen
– epidurale Infiltrationen, besonders beim mediolateralem Prolaps, bei Läsionen in mehreren Etagen z.B. bei der spinalen Stenose und bei Vernarbungen (häufig nach Bandscheibenoperationen).
– Die transforamenale Injektion bei lateraler gelegenen Diskusvorfällen.
– Die Facettengelenksinfiltration
– Die Sacroilicalgelenksinjektion

Physiotherapie:
Hinsichtlich den physikalischen Maßnahmen gelten die Richtlinien wie bei der Lumbalgie. Hervorzuheben und höchstgradig gesichert sind die Heilgymnastik und die multidisziplinäre Behandlung einschließlich Verhaltenstherapie bei chronifizierten Schmerzbildern. Der Schwerpunkt der Heilgymnastik soll auf das individuelle Defizit oder deren Kombinationen zielen, nämlich eingeschränkte Beweglichkeit oder Hypermobilität bis Instabilität, verminderte Muskelkraft, verminderte Ausdauer, verminderte Koordination.

Chirurgische Therapie
Absolute Indikation besteht beim Cauda - Equinasyndrom und bei rasch fortschreitenden neurologischen Ausfällen, relative Indikationen nach erfolgloser, intensiver nicht chirurgischer Therapie für 4 bis 6 Wochen und sicherer Diagnostik mit Übereinstimmung von klinischem Untersuchungsbefund und bildgebendem Verfahren, Ausschluss von dominierenden psychologischen Faktoren.

Spezifische Indikationen können bei Tumoren, Entzündungen und posttraumatischen Zuständen gegeben sein.
Eine Zusammenarbeit zwischen dem nichtoperativen und dem operativen Behandler erhöht die Erfolgschance der Operation. Dies gilt auch für die postoperative Nachbetreuung und Rehabilitation.

Das Ausmaß des Eingriffs ist dem Befund des einzelnen Falles anzupassen, z.B. Wurzeldekompression mit und ohne Stabilisierung (Wirbelkörperfusion). Die Operation zielt erstlinig auf die Ischialgie und nicht auf den Kreuzschmerz ab.

Nur bei 1 – 3% der Patienten mit degenerativen Wirbelsäulenveränderungen ist ein chirurgischer Eingriff erforderlich.

Failed back surgery syndrom:
Unzureichende oder fehlende Besserung oder Verschlechterung nach Operation.
Die Hauptursachen sind:
-– falsche Indikation
-– Instabilität
-– Vernarbungen
–- Entzündungen oder falsche Operationstechnik

Dr. M. Friedrich,
Abteilung für orthopädische Schmerztherapie,
Orthopädisches Spital Speising

Medizinprodukte
(Auswahl in alphabetischer Reihenfolge)

Schwa-medico StimaWELL Info

Rezeptpflichtige Handelspräparate aus dem Pharmaangebot
(Auswahl in alphabetischer Reihenfolge)