Arten der Schmerzbehandlung

Thermotherapie in der Schmerzbehandlung

Grundlagen und balneotherapeutische Anwendungen

Die Thermotherapie beschäftigt sich mit den physikalischen Wirkungen von Wärme und Kälte auf den Organismus und die dadurch im Körper ausgelösten Reaktionen.

Thermische Methoden sind als Heilmittel in der Physikalischen Medizin seit langem bekannt und gehören zu den häufig angewandten Behandlungsformen.

Eine exakte definitorische Eingrenzung im Hinblick auf wärmeentziehende (Kältetherapie) und wärmezuführender (Wärmetherapie) Maßnahmen zeigt eine große Vielfalt, die sich durch verschiedene Anwendungstechniken und Applikationsweisen noch multiplizieren(SCHNIZER 1995).

Thermotherapeutische Verfahren stehen im Allgemeinen nicht isoliert, sondern sind Teil eines Behandlungsplanes und je nach Zielsetzung in mehr oder weniger Therapiekombinationen integriert.

Die Gewebserwärmung erfolgt auf zwei Weisen, einerseits mittelbar, andererseits unmittelbar.

Bei der mittelbaren Übertragung wird die Wärme erst nach der Energieabsorption gebildet. Dies ist zum Beispiel bei der Hochfrequenztherapie und beim therapeutischen Ultraschall der Fall.

Bei Wärmepackungen und bei der Infrarotstrahlung wird die Wärmeenergie unmittelbar auf den Körper übertragen.

Der Wärmetransport in den Körper oder aus dem Körper kann durch 3 Möglichkeiten erfolgen:

  1. Durch Konduktion oder Wärmeleitung: Dies ist z.B. bei Packungen der Fall. Die Temperaturdifferenz, die Wärmekapazität und die Wärmeleitzahl bestimmen Umfang und Geschwindigkeit der Erwärmung.
  2. Bei der Strahlung besteht kein direkter Kontakt zwischen den Medien – die Wärmeenergie wird in den obersten Hautschichten absorbiert.
  3. Bei der Konvektion geschieht die Mitführung von Wärmeenergie in einem strömenden Medium. Luft- oder Wasserbewegung an der Hautoberfläche sind konvektiv wirkende Maßnahmen. Von sehr großem konvektiven Einfluss ist die jeweilige Durchblutungsgröße der Gewebe, die in der Wärmetherapie die lokal sich entwickelnde Temperatur mitbestimmt.

Bei der Energiebilanz von Wärmeanwendungen muss auch die Verdunstung an der Körperoberfläche berücksichtigt werden. Beim Verdunstungsvorgang wird Körperwärme entzogen und dadurch innerhalb der Temperaturregulation die Wärmeabgabe gefördert. 

Im Vergleich zur Luft sind die Wärmeaustauschvorgänge im Wasserbad  grundlegend anders. Der Wärmetransport erfolgt hier hauptsächlich über Konvektion und Leitung. Eine Strahlung und Verdunstung ist hier nicht möglich.

Peloide:

Eine Besonderheit der Wärmeübertragung gibt es bei Peloiden. Aufgrund der Viskosität des Therapiemediums (Moor, Fango) fällt die Konvektion sehr gering aus und dies bewirkt eine höhere Temperaturverträglichkeit.Unter Peloiden verstehen wir natürliche organische oder anorganische Substanzen mit großer Temperaturspeicherfähigkeit. Die bekanntesten Peloide sind Torf (Moor ist die Lagerstätte) und Fango (vulkanischer Tuff). Die Peloide werden in plastischer Konsistenz als Packungen angewandt. Diese Packungen können mit verschiedenen Temperaturen abgegeben werden: Kalt bei etwa 10°C, warm um 42°C und heiß mit etwa 48°C. Die physiologischen und therapeutischen Effekte sind naturgemäß mit der Temperatur verschieden.

Thermosensorik:

Aus der Qualität subjektiv wahrgenommener Wärme und Kälte bzw. dem Nachweis wärme- und kälteempfindlicher Hautstellen lässt sich auf zwei verschiedene Arten von Thermosensoren schließen.

Die Individuellen Impulsfrequenzmaxima befinden sich bei den Kaltrezeptoren zwischen 15 und 34 Grad Celsius und bei den Warmrezeptoren zwischen 38 und 48 Grad Celsius. Die Impulsrate der Warmrezeptoren liegt deutlich unter der von Kaltrezeptoren. Kaltrezeptoren kommen im Verhältnis 10 zu 1 häufiger vor als Warmrezeptoren. Kältesensoren liegen zudem oberflächlicher und sind auch mit schneller leitenden markhaltigen Fasern verbunden – schnellere Wahrnehmung eines Kaltreizes im Vergleich zu einem Kaltreiz. Zentrum der Temperaturregulation ist der Hypothalamus.

Wirkung von Thermischen Reizen:

Wirkung auf das Endokrinium und auf das Immunsystem. Wärme führt zur Detonisierung der Skelettmuskulatur,  bewirkt eine Dehnbarkeitszunahme bindegewebiger Strukturen, lindert den Schmerz und zeigt auch eine antiphlogistische Wirkung.

Packungen und Wickel: 

Zwischen Packungen und Wickeln  besteht praktisch nur ein Größenunterschied. In ihrer Wirkungsweise beruhen sie auf dem gleichen Prinzip. Packkungen erstrecken sich mehr oder weniger über den ganzen Körper, Wickel oder Umschläge sind ausgesprochene Teilmaßnahmen. Auflagen oder Aufschläge unterscheiden sich von Wickeln dadurch, dass sie nicht um den Körper oder um die Gliedmaßen herumgewickelt, sondern nur von einer Seite her aufgelegt werden. Als Kompressen bezeichnet man Auflagen von kleineren Ausmaßen.

Mit kalten Packungen oder Wickeln kann man unterschiedliche Wirkungen erzielen. Je nachdem ob man die Kälte oder die reaktive Wärme längere Zeit einwirken lässt, kann man

  1. dem Körper Wärme entziehen.
  2. durch kurze Wärmestauung eine leichte Stoffwechselsteigerung bewirken.
  3. durch länger anhaltende, intensive Wärmestauung den Körper zum Schwitzen bringen.

Heiße Rolle

Eine praktische Form der feuchten, örtlichen Wärmeanwendung ist die „Heiße Rolle“. Sie gestattet eine in weiten Grenzen abstufbare Dosierung von milden bis sehr starken Wärmegraden und somit eine weitgehende Anpassung an individuelle Verträglichkeit und an unterschiedliche Indikationsgebiete.

Dampfwickel:

Heißer, feuchter Wickel mit luftdichtem Abschluss der sich als Tiefenwärmeanwendung  z.B. bei Muskelverletzungen in nicht akutem Zustand bewährt.

Der Heusack:

Der Heusack wirkt durch Wärme, Feuchte und pflanzliche Inhaltsstoffe über die Haut und ist auch ein  olfaktorischer Reiz. Der Heusack wird mit einer Temperatur von 45°C aufgelegt. Zwischen Heusack und Haut wird ein Zwischentuch gelegt. Der Heusack kann bis zu einer Stunde liegen bleiben. Er wird auch als das Morphium der Naturheilkunde bezeichnet.

Temperaturbereiche und Reizwirkungen:

0 Grad und darunter                                                Kryotherapie

8 – 15                                                                     Kryotherapie, sehr kalt

16 – 22 Grad C kalt                                                  Kaltreize (subjektiv)

23 – 28                                                                    kühl

29 – 32                                                                    indifferent

33 – 38                                                                    warm

39 – 40                                                                    sehr warm

41 – 44                                                                    heiß

45 – 47                                                                    sehr heiß

 

Indikationen für die Wärmetherapie:

  1. Subakute und chronische Zustände entzündlicher und degenerativer Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen
  2. Postakute Zustände des Weichteilrheumatismus (Myotendinosen, Insertionstendidopathien, Periostosen)
  3. Zustände, die mit reflektorischem Muskelhartspann einhergehen
  4. Postakute Zustände nach Traumen und Operationen am Bewegungsapparat
  5. Funktionelle Durchblutungsstörungen
  6. Chronische Nasennebenhöhlenaffektionen
  7. Zur Schmerzlinderung bei chronischen Erkrankungen des Gastrointestinal- und Urogenitaltraktes

 

Infrarotwärme:

Die Infrarotstrahlung ist Teil der optischen Strahlung und damit Teil des elektromagnetischen Spektrums.Sie schließt sich in Richtung größerer Wellenlängen an das sichtbare Licht an. Ihr Wellenlängenbereich reicht von 780 nm bis 1mm. Die Infrarotstrahlung wird unterteilt in die kurzwellige

IR-A-Strahlung (780-1400nm)

IR-B-Strahlung (1400-3000nm) und die

IR-C-Strahlung (3000nm-1mm) 

Die wichtigste natürliche Quelle für IR-Strahlung ist die Sonne – IR-Strahlung hat einen Anteil von 50% an der den Erdboden erreichenden Sonnenstrahlung. Jeder „warme“ Körper (Körpertemperatur oberhalb des absoluten Nullpunktes von ca. –273° C) gibt Infrarotstrahlung ab.

Je wärmer ein Körper ist, umso mehr Energie in Form von IR-Strahlung gibt er ab und umso kürzer ist die Wellenlänge der Strahlung.

Öfen und Heizkörper geben ihre Wärme über Konvektion (heiße Heizflächen geben ihre Wärmeenergie über Wärmeleitung an die Raumluft ab) und Infrarotstrahlung an den Raum ab.

Ein größerer Anteil an Infrarotstrahlung wird vom Menschen direkt aufgenommen und ist mit größerer Behaglichkeit verbunden. Es stellt sich ein Wärmegefühl auch bei kühlerer Raumluft ein (Raumklima). 

In Räumen mit Kachelöfen, Wandheizung, großen Speichermassen (Solararchitektur), bzw. Wärmeschutzverglasung ist ein besonders hoher Anteil von Infrarotstrahlung, verbunden mit hoher Behaglichkeit zu finden.

Niedertemperatur-Heizsysteme haben aufgrund ihrer großen Abstrahlflächen trotz niedriger Temperatur größere Infrarot Anteile als normale Heizkörper und tragen damit zu einem positiven Raumklima. Strahlungsenergie erwärmt Objekte und Personen direkt über die Haut – durch die Durchblutung wird die Wärme über den Körper verteilt. Keine Luftströmungen – daher keine Konvektion – man fühlt sich auch bei niedrigeren Lufttemperaturen behaglich. Erwärmung geschieht durch die isolierende Wirkung der Umgebungsluft (stehende Luft keine Konvektion). Die relative Feuchtigkeit ist im Gegensatz zur Konvektion konstanter und die Ventilationsverluste sind niedriger als bei Konvektion. 

Infraroterwärmung hat im Vergleich zu konvektiven Erwärmungsmethoden gewisse Besonderheiten (GESÜNDER?):

  1. Infrarotstrahlung die auf die Haut trifft wird sofort in Wärme umgesetzt
  2. Die Haut reagiert auf den Wärmeanstieg und steigert die Durchblutung
  3. Die Wärme wird durch die Hautdurchblutung im Körper verteilt
  4. Rheumapatienten reagieren auf instabile Luftkonditionen, Luftzirkulation und Luftfeuchtigkeit sehr empfindlich
  5. Infraroterwärmung hält die Luftkonditionen homogen daher für Rheumapatienten günstig
  6. Für Asthma Patienten günstig da keine Luftströmung und daher kein Staub in Bewegung gebracht wird

Zahlreiche Infrarotkabinen werden angeboten – haben zweifelsohne positive Auswirkungen sind aber auch kein Wundermittel und nicht alle Patienten sind begeistert.

Ultraschall:

In der Anwendung des therapeutischen Ultraschalls finden mechanische Schwingungen von ca. 800 KHz Verwendung (RUSCH 1988). Der Haupteffekt der Beschallung ist in der Wärmebildung zu sehen. Diese Art von Tiefenwärme entsteht dort wo verschiedene Gewebe aneinander grenzen.

Da zum Beispiel das Knochengewebe die Schallwelle sehr gut absorbiert und die Welle an der Gewebsgrenze zum Knochen eine starke Ablenkung erfährt kommt es zur deutlichen Erwärmung im Bereich der Knochen-Muskelgrenze (LEHMANN 1988).

Die Intensität und Verteilung der Gewebserwärmung ist abhängig von der

  • Ausgangsleistung
  • Kontaktmedium
  • Schallkonstanz (kontinuierlich oder gepulst)
  • Schallkopfdynamik
  • Behandlungsdauer
  • Frequenz

Hochfrequenztherapie:

Die Hochfrequenztherapie ist eine Sonderform der Wärmebehandlung und kann ebenfalls als eine Form der Tiefenwärme angesehen werden.  Die elektromagnetische Energie wird direkt im Gewebe in Wärme umgesetzt.

Es gibt 3  Anwendungsformen:

  1. Die Kurzwelle (27,12 MHz)
  2. Die Dezimeterwelle (433, 92 MHz)
  3. Die Mikrowelle (2500 MHz)

Die Wärmebildung in den mit Hochfrequenz behandelten Geweben ist abhängig von deren elektrischen Eigenschaften. Es gibt 2 Anwendungsformen und zwar das Spulenfeld und das Kondenatorfeld. 

Bei der Kondensatormethode der Kurzwelle wird der sich zwischen den Kondensatorplatten befindliche Körperabschnitt vom hochfrequenten elektrischen Feld durchströmt, wobei wasserärmere Gewebe wie Knochen und Fett, gegenüber wasserreicheren, wie Muskulatur und innere Organe, stärker erwärmt werden.

Die Spulenfeldmethode dagegen erzeugt ein hochfrequentes magnetisches Feld, welches Wirbelströme hervorruft, die bevorzugt wasserreichere Gewebe erwärmen. 

Mit der Dezimeterwellen- und Mikrowellentherapie wird im Strahlenfeld behandelt, das heißt die Elektrode sendet gebündelte elektromagnetische Wellen aus, die besonders in wasserhaltigen Geweben absorbiert werden und dort Wärme erzeugen.

Dosierungsstufen in der Wärmetherapie nach Schliephake:

Stufe I                    unterschwellige Wärme

Stufe II                  überschwellige Wärme

Stufe III                 angenehme Wärme

Stufe IV                 starke, aber noch erträgliche Wärme

Kontraindikationen der Wärmetherapie:

Akute Infektionen

  • Alle hochentzündlichen Prozesse
  • Frische und rezidivierende Blutungen
  • Frische Thrombophlebitiden
  • Fortgeschrittene Durchblutungsstörungen
  • Sensibilitätsstörungen
  • Cardiale Insuffizienz

Autor

Prim.Univ.Prof.DDr. Anton Wicker

Vorstand der Univ.Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation

Universitätsklinikum PMU Salzburg